Magic Mountain Routenstatistik
Neue Routen sind für einige Kletterer*innen Fluch und für andere Segen. Kommt die Lieblingstour ab, dann ist es wohl eher Fluch. Bin ich diese Tour gar nicht mal so gerne geklettert, ist es wohl eher Segen. Hab ich mein Projekt noch nicht geschafft, dann ist es sicher Fluch. Und warte ich sehnsüchtig mal auf ein neues Projekt, weil ich alles andere schon abgegrast habe, dann ist es wohl wieder eher Segen. Wie immer wir auch entscheiden, nicht immer können wir es jedem und jeder Recht machen. Doch eines ist klar. Ohne monatlich frische Routen geht es nicht. Und damit du auch mal einen Blick hinter die Kulissen werfen kannst, haben wir hier ein paar Fakten zusammengestellt.
Ein paar Zahlen
Wir beschäftigen ca. 14 Routenschtauber*innen bei uns und laden gerne auch Gastschrauber aus anderen Hallen Deutschlands ein. Alle Routenschrauber*innen arbeiten bei uns aus Leidenschaft. Wir schrauben ca. 30 Routen monatlich um. Leider können wir das nicht immer garantieren, da jede*r unserer Schrauber*innen den Routenbau neben seinem oder ihrem eigentlichen Hauptjob oder Studium organisieren muss. Und da auch nicht jede*r Routenschrauber*in jeden Grad klettert und dies oft dazubeiträgt eine Route in verschiedenen Schwierigkeitsgraden zu bauen, gibt es für jeden Grad auch Spezialisten*innen. Bei uns könnt ihr Routen in den Graden 3 bis 10 UIAA im Toprope und Vorstieg, Indoor und Outdoor finden. Je Route variiert die Griffanzahl zwischen ca. 50 und 90 Stück. Bei ca. 300 Routen in der gesamten Halle sind das geschätzt 15.000 Griffe bzw. 15.000 Schrauben an der Wand und vielleicht noch einmal 4.000 Griffe auf Lager.
Ein paar Statistiken




Viele Kletterer*innen sind nach unserer Erfahrung im Grad 5 bis 7 unterwegs. Daher bieten wir hier auch die meisten Kletterrouten an. Die unteren Grade sind eher auf die Toprope-Bereiche verteilt, da die meisten Kletteranfänger*innen im Toprope starten, während fortgeschrittene Kletterer*innen im Vorstieg schwerere Grade projektieren. In der Regel hängt eine Route bei uns ein halbes Jahr. Schwere Projekte, die über einen längeren Zeitraum projektiert werden, hängen auch über ein Jahr an der Wand. Generell suchen wir Austauschrouten nach Alter, Häufigkeit der Begehungen, Beliebtheit, Griffart und Schwierigkeit aus. Derzeit sind die ältesten Routen aus dem Monat Mai 2019 (im Grad 10, welche teilweise noch auf ihre erste Onsite bzw. Rotpunktbegehnung warten).
Die Zeit während Corona
Auch wenn wir selbst das Wort Corona nicht mehr hören können, haben wir in der Schließzeit 137 Routen für euch im 3. bis 9. Grad neu gesetzt. Das sind monatlich ca. 70 neue Kletterrouten. Wir haben dadurch Routenverläufe begradigen, Farbüberschneidungen reduzieren, Exenverläufe klarer gestalten, die Auslastungsverteilung der Kletternden je Umlenker verbessern und vorallem aber die ca. 3000 neuen Griffe an die Kletterwände setzen können.
Wir freuen uns, wenn euch die neuen Routen gefallen und für jeden neue Projekte dabei sind. Viel Spaß beim bewerten. Das geht übringes nicht nur über unsere Feedbackschilder an der Kletterroute selbst, sondern auch digital über Tendu.
Euer MM Team
Fingerfood
Nach 9 Wochen Schließung ziehen wir Bilanz: Auf einmal stand das Geschäft still, die Einnahmen brachen weg, während die Kosten voll weiterliefen. Selbst wenn Zahlungen teilweise gestundet werden können, türmen sich die ausstehenden Schulden als großer Berg vor uns auf. Wo wir uns auch umhören, überall die gleiche Situation. Sowohl bei befreundeten Kletter- und Boulderhallen deutschlandweit als auch bei unseren Kunden und Freunden, die selbstständig sind oder eigene Unternehmen führen. Wie sollen wir alle wieder in die schwarzen Zahlen kommen? Geld, welches wir für die nächsten Jahre schon fest eingeplant hatten. Für neue Griffe, den Teppich, die Bouldermatte, die Sauna, neue Sitzgelegenheiten, einen festen Grillplatz und ein familienfreundlich gestalteter Saunagarten mit Slackline, Hängematten und Sandkasten. Alles Projekte, die wir auf die lange Bank schieben müssen. Aber wenn es nur Projekte verschieben wäre. Die offenen “precorona” Posten müssen auch noch bezahlt werden. Ebenso wichtig sind uns unsere Mitarbeiter*innen. Von heute auf morgen keinen Lohn mehr zu erhalten bzw. auf Kurzarbeit gesetzt zu werden, stellt auch sie vor Existenzängste und Frust. Aber wir lassen niemanden hängen, sondern versuchen für jede*n von ihnen einen Kompromis zu finden. Haben sie doch jahrelang ihr Bestes für unsere Kletterhalle gegeben.
Existenziell
Und dann sind da noch die Kletterer und Kletterinnen. Was für manche Essen und Schlafen ist, ist für uns nunmal das Klettern – existentiell. Was essen für unseren Mund ist, sind Griffe für unsere Hände – eben Fingerfood. Auch wenn Hornhaut und krumme Zehen im Allgemeinen nicht als besonders anziehend empfunden werden, zeugen sie doch von dem Leiden und den vielen Stunden harter Arbeit eine 5, 6, 7, 8, 9 oder Schwereres durchzusteigen. Sie geben uns in dem Moment, in dem wir das Top ohne einen Sturz erreichen, das Gefühl alles schaffen zu können. Vielleicht unbesiegbar zu sein, die Stärksten zu sein, eben zu dieser besonderen Bevölkerungsgruppe zu gehören, die sich konspirierend versteht, sobald jemand ruft: “Allez!”, “Venga!” “Fingerloch, Schulterzug, durchkreuzen und dann den Dyno an die Leiste und voll bis zum Sloper durchblockieren!” bzw. “Ich hab den OnSight ver*****, bin aus dem Hook gerutscht und hatte keine Power mehr auf dem rechten Crimp.” Wie sollen wir auch nur eine Woche ohne Klettern auskommen. Aber genau das versteht auch nur ein Kletterer.
Dankeschön an euch und unser Team
Glücklich waren diejenigen, die die in Berlin vorhandenen Möglichkeiten (legal/illegal) genutzt haben. Wobei wir uns hier mit der Befürwortung illegaler Aktivitäten zurückhalten. Oder besonders gesegnet, die unter uns, die in einer Kletter- oder Boulderhalle arbeiten “mussten”. Wir haben die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen, auch wenn unsere Stimmung aufgrund der ernsten Situation und der immer noch vorhandenen Insolvenzbedrohung einen Tiefpunkt erreicht hatte. In einem kleinen Team haben wir nach allen Regeln der Hygiene- und Abstandskunst Grifferegale gebaut, Stauraum geschaffen, T-Nuts gewechselt, Routen abgeschraubt, Griffe gereinigt und sortiert, die Wand gewartet, Umlenker getauscht, die Fliesenfugen ausgebessert uvm. Allein bis heute sind dabei 95 neue Routen indoor und outdoor entstanden. D.h., dass mit der Wiedereröffnung der Innenanlage viele neue Routen auf euch warten. Und hier müssen wir einfach auch mal Danke sagen: Danke an die wenigen Mitarbeiter, die sich hier die Finger wundgeschufftet, Routen gesetzt, getestet, feinjustiert und geschaffen haben mit Namen wie “Fingerfood”, “Allee der Coronauten” oder “kreuzzügig”. Danke an euch Kunden, die ihr uns die Treue gehalten und Gutscheine gekauft habt, um zu mindest immer noch etwas Liquidität zu generieren und danke an euch für die Geduld und dass ihr gleich zu Beginn mit der Öffnung des Klettergartens wieder da wart und damit dem Unternehmen ein erstes, kleines Startkapital in die Hand drückt, was wir jetzt dringend nötig haben. Wenn ihr uns immer noch weiter unterstützen wollt, dann bitten wir euch um eines. Bitte teilt es mit all euren Freunden: “Magic Mountain hat wieder geöffnet! Kommt rum und genießt den Flow des niemals aufhörenden Aufstiegs bis zum Top und wieder zurück. Und nochmal! Bis die Arme schlaff sind und die Finger streiken.” Auch wenn wir aktuell noch keine Kurse anbieten können. Wir bitte daher an dieser Stelle die Kunden, deren Kurse noch immer ausstehen, wie z.B. Kidstrainings usw., weiterhin um Geduld und Nachsicht. Wir müssen die offiziellen Auflagen einhalten, um auch unseren Beitrag zur Eindämmung zu leisten. Sobald es die Situation hergibt, werden wir wieder sofort Kurse anbieten.
Bis dahin freuen wir uns euch bald wieder mit Sloper, Fingerloch und Leiste glücklich machen zu dürfen.
Euer MM Team